Dusty
http://www.feline-senses.de/LP2009_dusty.html

© 2012

Dusty

Ich sitze im Wohnzimmer, sortiere alte Fotos und Fotoalben, schwelge in Erinnerungen und dabei finde ich dieses Foto in einer alten Fotoschachtel. Es zeigt meine Katze Dusty und meine damalige Hündin Lisa. Es ist vor etwa genau 10,5 Jahren entstanden und erinnert mich an Momente, die mir damals viel bedeutet haben und mir heute noch ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Es war Mai 1998, wo alles begann...

Ich hatte zu der Zeit eine Schäferhund-BittBull-Mischlingshündin (Lisa), die mir eines Tages in der Stadt zugelaufen war und die keiner haben wollte. Eigentlich wollte ich aber immer eine Katze haben und ich entschied mich entgegen aller Ratschläge von Freunden und Bekannten, es trotz Lisa zu tun. Ich wollte eine Katze – am liebsten eine schwarze und die würde ich dann Dusty nennen, weil mir der Name so gefiel. Es war mir damals gar nicht so bewusst, was passieren würde, wenn Lisa sich nicht mit so einem kleinen Tiger verstehen würde. Ich war einfach der Meinung, dass Lisa sich schon irgendwie mit solch einem kleinen Kätzchen arrangieren würde. Lisa ist ja ein Hund und sie würde aufgrund ihrer Größe eh nichts mit einer so winzigen Katze anfangen können.

Es war Ende April und ich wusste, dass spätestens in den nächsten vier Wochen viele junge Maikätzchen ein neues zu Hause suchen würden. Ich fuhr in das örtliche Tierheim, aber es war noch zu früh – es gab noch keine Katzenbabys zur Vermittlung. Jeden Tag las ich die Kleintieranzeigen in den Zeitungen und dann eines Morgens fand ich Folgendes: „Unsere Katze bekommt in den nächsten Tagen Katzenbabys. Wir können sie nicht behalten und suchen ab Mitte Juni liebevolle neue Besitzer, die ihnen ein schönes Zuhause geben können.“ Nett geschrieben, dachte ich und - ja, das passte genau, denn Mitte Juni hatte ich Urlaub und es war noch genügend Zeit alles vorzubereiten. Ich wählte ohne lange Nachzudenken die angegebene Telefonnummer und vereinbarte mit der Frau, dass sie mich anruft, sobald die Jungen zur Welt gekommen sind. Am 4. Mai, zwei Tage später, war es soweit – der Anruf - sechs schwarze Kätzchen waren am Abend zuvor geboren worden. Alle waren gesund und munter. Die Frau lud mich zu sich nach Hause ein, damit ich mir die Kätzchen anschauen konnte. Ich wusste, wenn ich nun einen Termin vereinbaren und die Kätzchen sehen würde, könnte ich sicher nicht widerstehen. Ich tat es – ich fuhr gleich am Nachmittag los. Sechs ganz winzige schwarze Kätzchen, mit noch geschlossenen Augen, lagen zusammen mit ihrer Mutter in einem großen weichen Katzenkörbchen - alle eng an eng aneinander gekuschelt. Es fiel mir eines von den sechs Kätzchen ganz besonders auf, nicht vom Aussehen her, denn sie sahen sich zum verwechseln ähnlich - alle waren schwarz, einige weiß an den Pfötchen und zwei hatten zusätzlich weiße Stellen am Lätzchen und Bäuchlein - sondern das eine Kätzchen lag eng an die Mutter und zwei Geschwister gekuschelt und war so winzig, bei weitem die Kleinste und Zierlichste aus dem Wurf. Da war es geschehen – ich wusste, dieser süße Schmusetiger sollte meine Katze werden. Als ich es der Dame sagte, lächelte sie und erzählte, sie wolle eines aus dem Wurf selbst behalten und eigentlich war es genau dieses. Ich streichelte die Kätzchen und unterhielt mich länger mit der netten älteren Dame, die unwahrscheinlich liebevoll erschien. Ihr war die Mutterkatze zugelaufen und plötzlich wurde der Bauch der Katze immer dicker und der Dame wurde bewusst, dass sie trächtig war. Sie hätte am liebsten alle Kätzchen selbst behalten, aber es waren doch etwas zu viele. Sie wollte die Kätzchen nur an liebevolle Menschen abgeben und ich merkte, dass sie zögerlich wurde, als ich von Lisa und den Bedenken meiner Freunde berichtete. Sie bot mir an, wenn ich es wirklich probieren möchte, könne ich doch das Zierlichste nehmen. Wenn es dann wirklich Probleme mit Lisa geben sollte, könne ich das Kätzchen wieder zu ihr bringen und sie würde es dann selbst behalten. Glücklich fuhr ich nach Hause. Ich bekam also die Chance, es in einigen Wochen auszuprobieren und wusste, dass bei Problemen die Frau da sein würde. Ich konnte es kaum abwarten und fuhr jede Woche einmal zu den Kätzchen. Es war schön mitzubekommen, wie sie die Augen öffneten, größer wurden und durch das Haus der Dame tapsten und spielten. Als ich das dritte Mal zu Besuch war, kam das Kleinste aus dem Wurf gleich auf mich zu, legte sich auf meinen Fuß und schaute mich mit ihren großen Augen an. Sie war so niedlich – ihr Fell so weich, pechschwarz, hatte weiße Pfötchen, ein weißes Lätzchen und Bäuchlein und im Verhältnis zu ihrem Köpfchen hatte sie recht große Ohren. Wenn ich sie auf meinen Arm nahm, kuschelte sie sich eng an mich, stupste mich mit ihrem kleinen schwarzen Näschen an und leckte mir mit ihrer rauen Zunge durch das Gesicht.

Bei einem meiner Besuche, etwa 4 Wochen nach der Geburt, erzählte mir die Dame, dass sie einen Trauerfall in der Familie hätte und sie für einige Tage nach Süddeutschland fahren müsse. Die Katze und ihre Kätzchen könne sie nicht mitnehmen, sondern müsse sie in eine nahe gelegene Katzenpension geben. Sie bot mir an, so wie allen anderen neuen Katzenbesitzern der Kätzchen, bereits in den nächsten Tagen meine kleine Dusty mit nach Hause zu nehmen. So fuhr ich drei Tage später mit einem Weidegraskörbchen los und holte sie ab. Während der Autofahrt schmiegte sie sich an mich, war ganz aufgeregt und miaute. Sicherlich vermisste sie jetzt schon ihre Geschwisterchen und ihre Mutter, mit denen sie immer so viel gekuschelt hatte. Im Auto machte ich mir Gedanken, wie Lisa sich gleich bei dem Anblick des kleinen Wollknäuels verhalten würde. Zu Hause angekommen, tapste Dusty auf dem rutschigen Laminatboden durch die ganze Wohnung, schaute mich immer wieder mit ihren großen Kulleraugen an und beobachtete mich. Lisa hatte die Kleine noch nicht bemerkt und lag im Schlafzimmer auf dem Bett. Als Dusty ins Schlafzimmer kam und nichts ahnend versuchte auf das Bett zu springen, bemerkte Lisa, dass ein neues kleines Lebewesen in der Wohnung war und stand neugierig, mit ihrem Schwanz wedelnd, auf. Dusty blieb am Rand des Bettes stehen, starr wie ein Eisklotz, bewegte sich kein Stück und starte Lisa mit ihren großen Augen an. Ich war aufgeregt, blieb aber ganz ruhig, lies mir nichts anmerken und beobachtete die beiden. Würden sie aufeinander losgehen? Wird Dusty Angst bekommen oder Lisa mit ihren Krallen ins Gesicht greifen oder wird Lisa sogar zubeißen… es wurde spannend – nun standen sich ein kleines, zierliches Kätzchen und eine große ausgewachsene Schäferhund-BittBull-Mischlingshündin gegenüber – ein Anblick, der selbst mir nicht ganz geheuer war. Es war Ruhe im Raum, so still, dass man eine Stecknadel auf den Fußboden hätte fallen hören können. Und dann geschah es – Lisa ging langsam auf Dusty zu, legte sich kurz vor sie wieder hin und stupste sie vorsichtig mit ihrer Nase an. Dusty knurrte leise vor sich hin, setzte sich vor Lisa`s Gesicht und beide schauten sich in die Augen. Nichts weiter passierte. Sie blieben etwa fünf Minuten in ihren Positionen und dann hüpfte Dusty vom Bett und tapste, als wäre nichts geschehen, ins Wohnzimmer, legte sich in ihr Kuschelkörbchen und schlief ein. Im Laufe des Tages ging Lisa immer wieder an das Körbchen, beschnuffelte Dusty und stupste sie vorsichtig an oder legte sich sogar davor auf den Fußboden, beobachtete sie und schlief. Wenn Dusty aufstand, ging sie aufmerksam an Lisa vorbei und zeigte keine Angst. Sie tapste aufgeweckt in der Wohnung umher, spielte und lies sich stundenlang von mir auf dem Arm streicheln, obwohl Lisa neben uns auf dem Sofa lag. Abends gab es dann etwas zu fressen. Dusty bekam in der einen Ecke der Küche Babybrei für Kinder und auf der anderen Seite der Küche Lisa ihr Dosenfutter. Nachdem Dusty ihren Brei genüsslich aufgegessen hatte, ging sie ganz zielstrebig auf Lisa`s Fressnapf zu und schaute ihr beim Fressen zu. Als Lisa das letzte große Fleischstück aufgefressen hatte, traute Dusty sich näher heran und Lisa lies es sogar zu, dass sie zusammen die restliche Soße aus dem Napf schlecken durfte. So verlief es Tag für Tag, die beiden verstanden sich gut und es traten keine Probleme auf. So manches Mal spielten sie sogar zusammen und Dusty wurde immer frecher. Sie ging zu Lisa, wenn sie schlief, spielte mit ihrem Schwanz oder rieb ihre Nase und das Köpfchen an Lisa`s Schnauze oder Gesicht. Eines Abends sah ich dann, dass beide zusammen auf dem Sofa lagen und schliefen - eng aneinander gekuschelt. Und es blieb nicht nur dabei. Immer wieder leckte Lisa Dusty mit ihrer großen Zunge über das kleine Köpfchen und stupste sie mit ihrer langen Nase an, wenn sie einschlief. Auch im Bett schliefen die bei-den genauso zusammen und wenn sich Lisa in ihr großes Körbchen legte, dauerte es nicht lange und Dusty legte sich dazu. Wenn es Fressen gab, standen beide Näpfe nebeneinander und Dusty durfte immer die restliche Soße aus Lisa`s Napf naschen.

Einige Tage später, als ich von der Arbeit kam, suchte ich Dusty überall in der Wohnung. Nirgends war die Kleine zu finden. Ich machte mir schon Gedanken, ob sie vielleicht verse-hentlich unbemerkt durch die Haustür gehuscht war, als ich am Morgen die Wohnung verlas-sen hatte. Lisa lag wie immer im Schlafzimmer auf dem Bett und schlief. Ich streichelte sie und war nachdenklich. Ich überlegte, wo sich Dusty versteckt haben könnte. Dann aber sah ich erst was los war – Dusty lag sozusagen unter Lisa. Ich hob Lisa`s Bein hoch und hoffte, dass alles in Ordnung war – schließlich wog Lisa einige Kilogramm mehr als die Kleine. Ich konnte es kaum glauben und musste schmunzeln. Ich hörte schmatzen und Dusty lag doch tatsächlich an Lisa`s Zitzen und trank genüsslich Hundemilch! Was für ein Anblick. Ich war erstaunt, dass Lisa Milch produziert hatte und Dusty säugte als wäre es ihr eigener kleiner Welpe. Ein kleines Kätzchen trinkt Hundemilch. So etwas hatte ich noch nie zuvor gehört, geschweige denn gesehen. Ich ließ Dusty weiter an den Zitzen von Lisa nuckeln, rief aber vorsichtshalber den Tierarzt an. Dieser war gar nicht so erstaunt wie ich. Er hatte so etwas schon erlebt und versicherte mir, dass es nicht schädlich für beide ist. Ich solle nicht eingreifen, sondern nur beobachten, ob sich die Zitzen von Lisa entzünden. Nur dann müsste ich es unterbinden. So wurde Lisa nach wenigen Tagen nicht nur Dusty`s Freundin, mit der sie kuscheln und spielen konnte, sondern sogar ihre „Ersatzmama“. Die Hundemilch schmeckte ihr wohl richtig gut, denn über zwei Wochen lang lagen die beiden zusammen mehrmals am Tag im Bett und Dusty trank genießerisch die Hundemilch. Es sind unvergessliche Momente, an die ich noch heute, 10 Jahre später, mit einem Lächeln im Gesicht zurückdenke. Die beiden waren unzertrennlich und es war ein richtig liebevolles Zusammenleben zwischen Hund und Katze.

Leider musste ich sie aber nach einigen Monaten trennen, da ich meine damalige Beziehung mit meinem Freund beendet hatte. Es tat mir im Herzen weh und wir hatten lange überlegt, ob diese Trennung gut wäre, aber es ging nicht anders. Er behielt Lisa und ich Dusty. Zwei Tage bevor ich aus unserer Wohnung auszog, setzte ich eine Anzeige in die Zeitung, dass ich dringend einen jungen Kater suche. Lupo wurde nach einiger Zeit der neue Liebling von Dusty. Von Anfang an haben die beiden sich gut verstanden, haben viel zusammen gekuschelt und gespielt.

Im November 1999 bemerkten wir, dass Dusty immer wieder weite Pupillen bekam, uns verstört anschaute und ihr Speichel aus dem Mund lief – das dauerte so 1-2 Minuten, dann schrie sie laut und lief orientierungslos durch die Wohnung. Zuerst konnten wir das nicht so richtig zuordnen, aber diese Anfälle wurden immer häufiger und schlimmer (sie urinierte auch überall danach hin). Unser Tierarzt untersuchte sie gründlich und stellte fest, dass sie Epilepsie hat. Seitdem bekommt sie 2x täglich Luminaletten - morgens und abends mit dem Fressen. Es dauerte einige Zeit und die Abstände der Anfälle wurden immer seltener. Ein halbes Jahr später war es vorbei mit den Anfällen und bis heute hat sie nicht einen Anfall mehr gehabt. Sie fühlt sich wohl und bewegt sich wie eine ganz gesunde Katze. Allerdings ist sie nach dem Fressen etwa 2 Stunden lang wegen der Tabletten immer sehr müde und schläft dann sehr viel. Umso aktiver ist sie nachts - da spielt sie viel und tobt durch die Wohnung.

Nicole aus Worpswede in Niedersachsen, www.nicky4u.de, http://twitter.com/nicky4u_de